change maker HOTELS: Die zwei Supernasen aus der Saint Charles Apothecary

change maker HOTELS: Die zwei Supernasen aus der Saint Charles Apothecary

Change Maker Hotels haben Saint Charles interviewt. Was dabei raus kam? Ein ehrliches Interview über die Auswirkungen von Reisen auf die Natur und wie eine Marke, die einer kleinen Apotheke im sechsten Bezirk von Wien entstammt, etwas bewirken kann. Nicole Spilker von Change Maker Hotels interviewt Alexander Ehrmann und Richard König von Saint Charles. 

Sie betreiben eine Apotheke, mehrere Stores und bieten mittlerweile 400 Produkte aus den Bereichen Naturkosmetik, Aromatherapie und Kräuterheilkunde für ganzheitliches Wellbeing an. Aus der Leidenschaft, altes Wissen der Traditionellen Europäischen Medizin neu zu interpretieren, haben die Saint-Charles-Betreiber Alexander Ehrmann und Richard König nun auch noch Beduftungskonzepte für Hotels entwickelt.

Die historischen Apothekerschränke an der Ursprungsadresse, der Gumpendorfer Straße im sechsten Wiener Gemeindebezirk, dienen als Zeitzeugen und Symbol für die Verbindung einer Jahrhunderte alten Tradition mit modernem Lebensstil. Sie stammen aus dem Jahr 1886, als die Apotheke am Standort errichtet wurde. 2006 übernahm Alexander Ehrmann und eröffnete die erste Saint Charles Apotheke. Knapp zehn Jahre später stieß Richard König dazu, der das Unternehmen heute gemeinsam mit Alexander Ehrmann führt. Ein gezielter Markenaufbau hat dafür gesorgt, dass sich die Saint Charles Familie ständig vergrößert – dazu gehören zahlreiche Partner wie Apotheken, Concept Stores, Naturkosmetik-Shops, Restaurants, Yogastudios und mittlerweile auch 120 Hotels im deutschsprachigen Raum. In diesen inhabergeführten Wellnesshäusern und Stadthotels findest du Duschgel, Seife, Bodylotion, Shampoo und Conditioner von Saint Charles. Oft auch Naturkosmetikprodukte, Pflanzen- und Aromaöle für Spa-Anwendungen und sogar Essenzen für Cocktails. Und neuerdings auch Düfte.

Es ist wie bei einer Symphonie, vergleichen die beiden, Saint Charles Produkte sind die Streicher im Hintergrund – nicht aufdringlich, aber immer angenehm präsent. Du trifft sie in der Lobby, wo dir ein Dufthandtuch zum Händereinigen gereicht wird. Oder bei der Massage. Und abends an der Bar bemerkst du, dass diese Apotheke aus Wien auch bei den Drinks eine Rolle spielt. Wie es mit der Beduftung weitergeht und wie man überhaupt den richtigen Duft findet, erzählen Alexander und Richard im Interview.

 

Duftkonzepte für Hotels sind ganz neu bei euch. Wie funktioniert das? Kann ich sagen: Ich bin ein Sporthotel, ein Romantikhotel oder ein Familienhotel und möchte auch so duften?

Alexander: Genau. Es geht jedenfalls darum, einen für das jeweilige Haus stimmigen Duft zu finden. Die Wahrnehmung des Gastes beginnt ja mit dem Eintritt in den Empfangsbereich des Hotels und vermittelt im besten Fall ein erstes Wohlgefühl, das sich weiter fortsetzt. Ein subtiler, angenehmer Duft, der zum Haus passt, wird sehr positiv aufgenommen.

Richard: Die meisten Hotels kommen auf uns zu und interessieren sich erst einmal für die technischen Aspekte: Mit welchem Gerät beduftet man, und wo geschieht das eigentlich am besten? Viele Hotels möchten den Duft im kompletten Haus verteilen, aber das macht für uns keinen Sinn. Duft ist etwas, was sich in der Nase schnell wieder verliert, wenn man ihm dauernd ausgesetzt ist – man kennt das ja vom eigenen Parfüm, das man irgendwann an sich selbst nicht mehr wahrnimmt. Restaurantbereiche zu parfümieren wäre sowieso nicht passend. Wir beduften Frequenzbereiche wie die Lobby oder den Spa. Oder wir bitten das Housekeeping nach der Reinigung noch einen Duft wie eine kleine, feine Spur im Zimmer zu hinterlassen.

Bekommt jedes Haus sein eigenes Duftkonzept oder habt ihr Bausteine?

Richard: Bei den Amenities haben wir zwei Linien, dazu abgestimmt gibt es auch jeweils eine Beduftung. Und dann haben wir zwei, drei Handvoll an Kunden, mit denen wir eine Bespoke-Linie konzipiert haben. Das heißt, wir haben ihnen individuelle Düfte und die Kosmetik im Zimmer zusammengestellt. Dazu bekommen wir von den Kunden ein detailliertes Briefing, damit wir in die DNA des Hauses eindringen können. Wichtig ist uns, was zum Hotel passt, aber auch zu den Personen, die dort an 365 Tage im Jahr arbeiten.

Alexander: Die Kommunikation ist eigentlich das, was uns am meisten Spaß macht. Wir möchten ein Add-on für die Qualität des Hauses sein. Ein Duft ist ja eigentlich ein Reiz, der eine Reaktion auslöst. Er ist ein Door-Opener. Wenn ich in den Spa komme und mich ein entsprechender Duft empfängt, der nicht – übertrieben gesagt – nach Reinigungsmittel duftet, macht mich das bereit für ein besonderes Erlebnis.

Richard: Es gibt auch Partner, denen es ein großes Anliegen ist, einen eigenen Signature-Duft zu haben, den man sich dann auch als Raumspray mit nach Hause nehmen kann. Natürlich können wir auch Vorschläge zur saisonalen Beduftung machen. Im Sommer möchte man ja lieber etwas Frischeres riechen als im Herbst oder im Winter.

Wie schafft man es, einen Duft zu komponieren, auf den sich alle einigen können?

Richard: Es ist ein Prozess. Ob er gefällt, hängt auch von der Tageszeit ab oder dem Umfeld. Das macht es so schwierig, in einem Workshop mit zehn Leuten den einen Duft herauszufiltern, der allen passt. Der Geruchssinn ist der unmittelbarste der menschlichen Sinne. Beim Sehen, Hören oder Fühlen müssen die Signale erst über den Verstand gehen. Düfte dagegen wirken im Gehirn direkt auf das limbische System, wo Emotionen verarbeitet werden. Ein Duft ruft also immer auch konkrete Erinnerung auf: Vanille, Vanillekipferl, Weihnachten! Für mich persönlich duftet Lavendel zum Beispiel chemisch. Ich weiß aber, dass er eine beruhigende Wirkung hat – soll ich ihn nun also einsetzen oder nicht? Es ist sehr komplex …

Aber eure Düfte sollen ja von der Mehrzahl aller Hotelgäste als angenehm empfunden werden …

Richard: Das ist auch eine Frage, die ich mir gerne stelle: Wie vielen Menschen muss es denn eigentlich gefallen? Wir haben uns das mal durchgerechnet: Bei einem Haus mit 170 Zimmern gibt es circa 10.000 Berührungen pro Monat! Da stellt sich schon die Frage, wie speziell man einen Duft machen kann. Letzten Endes müssen wir es dann auf eine Quote reduzieren: Dass sieben von zehn der Befragten sagen, dass der Duft gut ist. Die Kunst ist es, etwas Spezielles zu machen, das ein breites Publikum erreichen kann.

Alexander: Das ist eine echte Herausforderung. Darum ist es gut, wenn die Leute sich auf Aromawelten einlassen. Vielleicht duftet es in den Massage-Kabinen im Spa ein bisserl mehr nach Ylang Ylang, am Eingang wäre diese sehr sinnliche Note aber einfach viel zu viel. Natürlich möchte man niemanden überfordern, aber trotzdem muss es in einem Tiroler Hotel ja nicht zwingend nach Fichtennadeln mit leichtem Zitrus-Touch duften. Obwohl wir uns für unsere Düfte auch viel mit TEM, also der Traditionellen Europäischen Medizin, beschäftigen, weil wir sie alle einfach verinnerlicht haben. Wenn man hier aufgewachsen ist, hat man irgendwann einmal Kamillentee getrunken oder Baldrian zum Schlafen genommen.

Was ist die größte Herausforderung beim Einsatz von TEM?

Alexander: Wir arbeiten mit kontrolliert biologischer Qualität. Wildsammlung wäre für uns natürlich das Wertvollste, aber das ist rechtlich oft nicht einfach. Außerdem ist die Qualität jedes Jahr anders. Synthetisch ist sie verlässlich gleich. Viele Pflanzen verschwinden auch schlichtweg aufgrund der Klimaerwärmung.

Richard: Bei unseren Saint-Charles-Produkten ist immer die Regionalität ausschlaggebend. Wo es geht, beziehen wir unsere Inhaltsstoffe aus Österreich. Lavendel gibt es beispielsweise aus dem Waldviertel – wie toll ist das, bitte? Auch der Alkohol ist ein gutes Beispiel, davon brauchen wir ja wahnsinnig viel, etwa für unsere Sprays. Wir kaufen ihn aber schon lange nicht mehr im Großhandel, sondern beim Fahrthofer Josef in Amstetten. Mit dem stehen wir am Feld und er kann sofort erzählen, warum er den besten Bio-Alkohol hat. Und das ist unser Zugang. Wir haben immer noch keine großen Maschinen für die Herstellung und Etikettierung – von der Produktion bis ins Regal gibt es eine große Wertschätzung unsererseits. Und das spüren auch unsere Kunden.

Wie nachhaltig kann man dabei sein? Ich denke an die unzähligen kleinen Plastikflaschen im Badezimmer ...

Alexander: Eben nicht! Etwas anderes als Großgebinde, eine Refill-Lösung und natürliche Formulierungen hat uns nie interessiert.

Richard: Seit 2023 sind wir „B Corp“ zertifiziert. Damit ist Saint Charles Teil einer globalen Community von Unternehmen, die Wirtschaft als Kraft für das Gute nutzen möchten. Dabei stehen Initiativen zugunsten lokaler sozialer Einrichtungen ebenso im Fokus wie nachhaltiges Wirtschaften. Unsere Partner schätzen dabei auch die Durchgängigkeit. Alle Produkte haben nicht nur hochwertige und nachhaltige Inhaltsstoffe, sie haben auch das gleiche ästhetische Design. Wir schulen die Hotels zudem gut ein, sodass auch jeder an der Rezeption ein paar Sätze über die Saint-Charles Apothecary sagen kann. Wenn man nämlich nicht mit fünf verschiedenen Marken zusammenarbeitet, tut man sich sehr leicht, etwas über die Philosophie der Brand zu sagen, und warum sie gut zum Hotel passt.

Alexander: Es geht um die Wertigkeit. Gute Hotels haben schon immer auf bequeme Kopfkissen, super Fleisch vom Biobauern und ausgezeichnete Weine geachtet. Mit den Standards tat man sich da schwerer, all diese kleinen Plastikflascherl etwa …

… die man sich aber auch gerne mit nach Hause genommen hat. Das geht mit euren Produkten nun nicht mehr.

Richard: Doch! Denn man kann ja die meisten Produkte kaufen. Auch die Hotels haben entdeckt, dass ein bisschen Retail nicht schaden kann. Entweder es gibt ein ausgesuchtes Angebot an der Rezeption, viele Häuser haben aber eigene Shops im Haus, die wir gerne mit ausgewählten Produkten aus verschiedenen Bereichen bestücken.

Wie sehr kann man mit solchen Qualitätsansprüchen wachsen?

Richard: Das diskutieren wir gerade sehr intensiv. Aber wachsen kann man ja auch in der Qualität, nicht unbedingt nur in der Masse. Durch unsere Bioformulierungen kosten wir mehr als konventionelle Produkte, deshalb selektiert sich unser Markt ein wenig von alleine. Es gibt uns nicht in Douglas- oder Rewe-Filialen und wir sind nicht auf Amazon erhältlich, weil dort eine ganz andere Strategie verfolgt wird. Wir gehen nicht in die Masse, aber trotzdem gibt es genug Platz für unser Wachstum.

Alexander: Uns ist es eben auch ein Anliegen, dass wir uns mit Partnern austauschen und gegenseitig inspirieren. Durch jede Kooperation lernen wir spannende Menschen kennen, etwa einen Demeter-Winzer oder eine Imkerin. Das ist sehr bereichernd.

Wäre es spannend für euch, irgendwann ein eigenes Saint-Charles-Hotel zu eröffnen?

Alexander: Wir hatte ja bereits ein Wirtshaus hier. Das war am Anfang zwar marketingmäßig super, aber es war auch ein Sparschwein ohne Boden. Ich bin einfach kein Gastronom, und auch von der Erziehung her kein Hotelier. Obwohl, so ein kleines Haus an einem See, wo ich mich dann vielleicht der Imkerei widmen könnte …

Quelle: ©changemakerhotels Nicole Spilker, 14. Januar 2024


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