Der Duft als Markenanker | wirtschaft.neu.denken

Der Duft als Markenanker | wirtschaft.neu.denken

Blogserie von Richard König

Die Rolle der olfaktorischen Wahrnehmung, auch Geruchsinn genannt, spielt im Alltag eine wichtige Rolle, ist aber vielen nicht bewusst. Da es sehr unterschiedliche Zugänge zu diesem Thema gibt, möchte ich mit meiner persönlichen Geschichte zum Thema Düfte beginnen. Vorab: es gab keine. Zumindest keine Besondere und nicht mehr oder weniger als bei jedem anderen Menschen. Man nimmt Düfte zwar wahr, sei es in der Natur, beim Essen oder an anderen Menschen. Meist spielt diese Wahrnehmung aber eine unterbewusste Rolle. Wird Wein verkostet oder ein Parfum gekauft, so wird dem Geruchssinn in kurzen Momenten eine Bedeutung zugeordnet. Für ein bewusstes Training einer guten Nase ist dies jedoch zu wenig.

Eine Zen-Weisheit sagt "Im Kopf des Anfängers gibt es viele Möglichkeiten, aber im Kopf des Experten gibt es nur wenige". Neben der eigenen subjektiven Beurteilung waren, für mich als Duft-Neuling, vor allem die Reaktionen anderer Personen von Interesse. Einerseits kann durch die Beobachtung der Reaktionen beurteilt werden, wie der Duft bei einem breiten Publikum wahr- und angenommen wird. Andererseits stellt man fest, dass sich die Beurteilung über Gerüche, je nach sozialem Umfeld, eher variabel gestaltet.

Heute wissen wir, dass der Geruchssinn beim Essen eine große Rolle spielt. Die Wahrnehmung von Geschmack ist zu 80 Prozent eine Angelegenheit der Nase und nicht der Zunge. In der Realität spielt jedoch zusätzlich das soziale Umfeld, in Form von Meinungen anderer Personen oder deren Reaktionen, eine große Rolle. Man kennt dieses Phänomen von Weinverkostungen. Spricht der Sommelier, von Marillen- oder Pfeffernoten, dann riecht man diese Eigenschaften sofort. Diese Zuordnung geschieht ebenso, wenn jemand den Wein als "schlecht" oder "besonders gut" beurteilt. Der Wein erhält im Kopf des Zuhörers dieses Etikett und danach wird beurteilt. Je nach Expertenstatus, oder Abhängigkeit vom sozialen Umfeld, wird diesem Urteil gefolgt (oder auch nicht). Geschmack ist daher nicht nur subjektiv, sondern sozial beeinflussbar.

„Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.“  - Viktor Frankl
Der durchschnittliche Zeitraum zwischen Reiz und Reaktion liegt beim Menschen bei rund 20-30 Millisekunden. Viele tausende Beurteilungen oder Entscheidungen im Alltag treffen wir mehr oder weniger automatisiert. Nehmen wir beispielsweise den Geruch von Rauch im Haus oder einer Wohnung wahr, so löst dies sofort eine Stressreaktion aus, die sich messen lässt. Wenige Sekunden später werden Hormone wie Cortisol oder Adrenalin im Blut produziert. Bei Vanillenoten oder Mandarine verbinden wir diese Düfte mit positiven Erinnerungen an Weihnachten oder Vanillekipferl. Das Hormon Oxytocin wird ausgeschüttet und macht das Gefühl des Wohlbehagens und der Sicherheit für uns im ganzen Körper spürbar.
Natürlich spielen alle fünf Sinnesorgane als Reiz bei derartigen Erlebnissen eine Rolle, dem Geruchsinn wird aber eine besondere Bedeutung beigemessen. 2014 verkündeten Forscher der Rockefeller University in New York, dass die menschliche Nase eine Billion Gerüche unterscheiden kann. Auch in der Evolution spielt der Geruchsinn eine bedeutende Rolle. Er wird bereits in der 26. Schwangerschaftswoche geprägt, noch vor der vollständigen Ausbildung des Hör- oder Geruchsinns des Fötus. Ein Faktor im menschlichen Gehirn macht jedoch die olfaktorische Wahrnehmung zu etwas Besonderem: Der Geruchssinn ist der einzige Sinn, der direkt mit dem Hippocampus und dem limbischen System, dem Zentrum für Erinnerung und Emotionen, verbunden ist. Dadurch können Reaktionen auf Gerüche blitzschnell erfolgen. Dies bedeutet aber auch, dass es uns weniger Möglichkeit im Alltag gibt unsere "Macht der Wahl", wie es Viktor Frankl schön beschreibt, bewusst auszuüben. Denn diese Reaktionen erfolgen meist unterbewusst und automatisiert, auf Basis der Erfahrungen und Assoziationen, die wir im Hippocampus dazu im Laufe unseres Lebens erlernt haben. Dies kann eine direkte Erinnerung an einen spezifischen Geruch sein, oder, falls wir den Duft noch nicht kennen, eine Assoziation mit etwas Ähnlichem. Der Duft der Alpenzirbe kann z.B. bei einer „Blindverkostung“ sowohl einen Waldspaziergang in Erinnerung rufen, bei einer anderen Person aber auch etwas unangenehm künstliches, je nachdem welche Verbindungen im Gehirn aktiviert werden. 

Düfte rufen individuelle und persönliche Erinnerungen und Erlebnisse in unserem Unterbewusstsein hervor. Wobei Zitrusdüfte allgemein stimulieren, Lavendel beruhigt oder Vanille oft mit Kindheitserinnerungen assoziiert wird. Holzige Noten entführen in eine raue, männliche Welt, während blumige Düfte eher Frauen zugeordnet werden. Die Düfte lösen nicht nur eine Emotion aus, sondern durchspülen unseren Körper mit Hormonen und können Stress-, oder Entspannungszustände auslösen. Die Wirkung von Düften, insbesondere bei natürlichen ätherischen Ölen, ist gut erforscht und sollte daher mit Verantwortung genutzt werden.

Duftmarketing versus Well-Being

Dass Duftmarketing in vielen Bereichen, wie im Einzelhandel, beim Neuwagen-Kauf oder in der Lebensmittelindustrie verwendet wird und eine große Rolle spielt, ist bekannt. Umso wichtiger ist es mit diesem Thema verantwortungsvoll umzugehen. Düfte sollten nicht manipulativ eingesetzt werden, sondern positive Gefühle hervorrufen und zum persönlichen Wohlbefinden beitragen. Mit einem guten Duft kann man seiner Umgebung, egal ob privat oder geschäftlich, einen besonderen Wohlfühlfaktor verleihen. Auch Unternehmen haben die Welt der Düfte für sich entdeckt. Corporate Scent wird dies von den Marketingexperten genannt. Einer der Pioniere auf diesem Gebiet ist Samsung, das bereits sehr früh Ausstellungsräume und Messeauftritte beduften ließ. Auch so manche Airlines verwenden eigene Düfte und verteilen diesen auf parfümierten Handtüchern zur Erfrischung. Studien zeigen, dass sich Kunden länger in einem bedufteten Geschäft aufhalten und auch die Frequenz gesteigert werden konnte. Entscheidend dabei ist die Wahrnehmungsschwelle des Duftes, wo sehr dezent angesetzt werden muss. Auch Hotels, Restaurants, Großraumbüros oder Wartebereiche von Ordinationen oder Kanzleien entdecken mittlerweile den positiven Einfluss der Düfte.

Wird ein eigener Duft entwickelt und dieser gezielt und langfristig eingesetzt, so wird dieser als einzigartig wahrgenommen und kann damit auch zu einem starken Markenanker werden. Neben dem visuellen Design als Faktor der Wiedererkennung, spielen Faktoren wie Musik (Audio-Branding), haptische Faktoren und der Geruch eine Rolle. Wobei der Geruch am stärksten unser Gefühlszentrum anspricht. Markenpositionierung hat also nicht nur mit Design, Claims und Kommunikation zu tun, sondern kann auch über Düfte gestärkt werden. Ein einzigartiger Duft führt zu einer einzigartigen Markenerfahrung, welcher positiv in Erinnerung bleibt.

Bei Saint Charles entwickeln wir in unserem "Scent Lab" schon lange eigene Signature Düfte für unsere eigenen Produkte, sowie auch individuelle Düfte für unsere Kunden. Im Bewusstsein der psychischen, und zuletzt auch physischen Wirkung. Wir verwenden dabei fast ausschließlich Naturdüfte, welche sich im Rahmen der Aromatherapie und durch die Erfahrungen in unseren Apotheken bewährt haben. Wir vertreten die Meinung, dass Düfte nie mit der Intention einer Manipulation eingesetzt werden dürfen, sondern das Wohlbefinden, sprich Well-Being, der Menschen im Vordergrund steht. Mit dieser Motivation entstehen authentische Düfte, die zur jeweiligen DNA des Unternehmens oder der Marke passen und für Mitarbeiter, Gäste oder Kunden ein besonderes Erlebnis ermöglichen. Mehr über Professional Room Scent by Saint Charles.

wirtschaft.neu.denken | Eine Blogserie von Richard König

Bild: Lavendelernte 2020, Richard König (l), Bernhard Knapp (r), © rkmedia.at


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